Schwerpunkte:
- Kritische Bewertung von Erfassungsmethoden im Rahmen des Monitorings von Brutvogelbeständen
- Rastbestand und Verbreitung des Löfflers im deutschen Wattenmeer
- Entwicklungstendenzen und Fragestellungen zum Ruf des Zilpzalps
- Das Vorkommen des Gimpels auf Helgoland
- Plädoyer für ein brutbiologisches Monitoring in Deutschland
Froehlich, C.:
Avifaunistische Methoden auf dem Prüfstand: Kritische Bewertung von Erfassungsmethoden im Rahmen des Monitorings von Brutvogelbeständen in Naturwaldreservaten
Zur Erfassung der Vogelwelt von Naturwaldreservaten ist in Hinblick auf Langzeitbeobachtungen eine methodische Festlegung erforderlich. In Rheinland-Pfalz wurden verschiedene Methoden vergleichend erprobt, kritisch analysiert und bewertet. Ein Teil der dabei gewonnenen Erkenntnisse dürfte auch außerhalb der Naturwaldreservats-Forschung von Interesse sein. Erprobt wurden die Methoden Revierkartierung, einfache Punkttaxierung, Distance Sampling in Form des Point Transect Sampling sowie feinmaschige halbquantitative Gitterfeldkartierung. Revierkartierungen wurden zum Zweck des Vergleichs mit den drei anderen Methoden in jeweils demselben Naturwaldreservat parallel durchgeführt. Die mittels Distance Sampling (hier: Point Transect Sampling, PTS) erhaltenen Gesamtabundanzen waren zwei- bis fünfmal so hoch wie diejenigen aus parallel durchgeführten Revierkartierungen und bis zu dreimal so hoch wie vergleichbare Maximalwerte aus der Literatur. Die Analyse der Daten führt zu dem Schluss, dass zumindest in der Forschung in Naturwaldreservaten wesentliche Voraussetzungen für eine sinnvolle Anwendung des PTS nicht gegeben sind. Gründe hierfür sind die auch im Nahbereich nur unvollständige Erfassbarkeit der Vogel, die Mobilitat der Vogel und die Fehler, die selbst geubte Beobachter bei der Schätzung der Entfernung zu nur akustisch wahrgenommenen Vögeln machen. Lösungsvorschläge in Form von Varianten oder Zusatz untersuchungen erscheinen nicht ausreichend oder zu aufwändig. Aus diesen und weiteren Gründen wird PTS als derzeit ungeeignet zumindest für die Ermittlung von Abundanzen ganzer Vogelgemeinschaften in Wäldern eingestuft…
Krüger, T., P. Südbeck & K. Günther:
Rastbestand und Verbreitung des Löfflers Platalea leucorodia im deutschen Wattenmeer im August 2009.
Im Zuge der Arealexpansion der atlantischen Population des Lofflers Platalea leucorodia gen Norden und Nordosten und der dabei erfolgten Besiedlung des deutschen Wattenmeeres ab 1995 entwickelten sich zunächst an der niedersächsischen Küste, später auch in Schleswig-Holstein, Vorkommen von Löfflern in größerer Zahl an nachbrutzeitlichen Rastplätzen. Bis heute war nicht klar, wie groß der Rastbestand der Art im deutschen Wattenmeer ist. Im August 2009 wurden zwei Synchronzählungen durchgeführt, in deren Verlauf am Wochenende des 8./9. 1.065 und am 22./23. 1.220 Löffler erfasst wurden. Das ist die höchste für das deutsche Wattenmeer dokumentierte Anzahl und entspricht 10,8 % der atlantischen biogeographischen Population. Außerhalb des Wattenmeer-Bereichs gibt es in Deutschland keine regelmäßigen (Brut- oder) Gastvogelvorkommen der Art, so dass die bei der Erfassung ermittelten Bestände den bundesweiten Bestand abbilden. An beiden Terminen hielten sich mit 329 bzw. 261 Vögeln die meisten Vögel in der Leybucht (Niedersachsen) auf. Der zweitgrößte Rastplatz war an jeweils beiden Terminen mit 160 bzw. 180 Ind. der Hauke-Haien-Koog (Schleswig-Holstein). Das Stollhammer Watt im NE-Jadebusen mit der ihm zugehörigen Innengrodenpütte Eckwardersiel (Niedersachsen), rangierte bei beiden Terminen mit 97 bzw. 102 Ind. jeweils auf dem dritten Platz…
Hoffmann, M.:
Nicht nur einsilbig und einfach: Entwicklungstendenzen und Fragestellungen zum Ruf des Zilpzalps Phylloscopus c. collybita
Im Jahr 2008 wurden im Saarland erstmals zweisilbig wie „ziwüi“ oder „ziwüit“ rufende Zilpzalpe festgestellt. Bei einer planmäßigen Erfassung in der Brutperiode 2009 wurden im Saarland die Rufe von 260 Zilpzalpen mit einer Videokamera aufgezeichnet und sonagrafisch ausgewertet. Nach dem gesammelten Datenmaterial äußerten 196 Zilpzalpe den typisch einsilbigen und 64 den zweisilbigen Ruf. Auserhalb des Saarlandes wurden in der Zeit vom 18. bis 25. Juli 2009 im Märkischen Kreis (Südwestfalen) 35 Zilpzalp-Rufe, darunter drei zweisilbig, ermittelt. Nach Informationen anderer Vogelbeobachter sind zweisilbig rufende Zilpzalpe auch in anderen Teilen Deutschlands in bisher unbekannter Grosenordnung verbreitet…
Dierschke, V., S. Kobro, J. Dierschke & O. Hüppop:
Das Vorkommen des Gimpels Pyrrhula pyrrhula auf Helgoland in Abhängigkeit vom Beerenangebot der Eberesche Sorbus aucuparia in Skandinavien
Die Anzahlen der in den Wegzugperioden 1972 bis 2009 auf Helgoland beobachteten Gimpel sind negativ mit dem Angebot von Beeren der Eberesche in Norwegen korreliert. Viele Gimpel erschienen nur dann auf Helgoland, wenn diese wichtige Winternahrung nur in geringer Menge verfügbar war, aber auch dann nicht immer. Da eine ebensolche Korrelation auch für Fangstationen an der Ostsee (Christiansø, Falsterbo) gefunden wurde, sind die eruptiven Wanderungen der skandinavischen Gimpel als großräumig wirkendes Phänomen zu betrachten. Dies wird durch das Ergebnis eines linearen Modells unterstrichen, bei dem das Helgolander Gimpelvorkommen am besten durch die Fangzahlen in Falsterbo und deren Interaktion mit dem Beerenangebot in Norwegen erklärt wird. Dass nicht alle in Falsterbo registrierte Invasionen auch Helgoland erreichen, liegt vermutlich an der Lage weit entfernt der Küste: Nicht bei jedem Wetter überqueren ziehende Singvögel die Deutsche Bucht, sondern folgen stattdessen der Küstenlinie. Es wird hervorgehoben, dass für die Analyse von Invasionen auch unsystematisch erhobene Daten gut geeignet sind.
Schulze-Hagen, K.:
Muss man heute noch Nester suchen? Plädoyer für ein brutbiologisches Monitoring in Deutschland
Die Brutbestände der Vogelarten Deutschlands werden seit den 1980er Jahren unter Federführung des DDA in Monitoringprojekten erfasst. Zum besseren Verständnis der kurz- und langfristigen Veränderungen von Vogelbeständen sind reproduktionsbiologische Informationen bzw. brutbiologische Studien unverzichtbar. Zu diesem Zweck müssen Nester gesucht und deren Schicksal kontrolliert werden. Zwar existieren langfristige Nestkartenprogramme der Vogelwarten und von anderen Organisationen, doch ist die Zahl der Meldungen inzwischen unbedeutend. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass die Situation im 19. und frühen 20. Jahrhundert geradezu umgekehrt war. Vermutlich die Mehrzahl der Feldornithologen trug damals neben Fernglas und Notizbuch auch einen Stock bei sich, mit dem man bei jeder sich bietenden Gelegenheit nach Nestern suchte. Ihre Feldarbeit bildet den Grundstock für unser heutiges brutbiologisches Wissen. Durch die Verschiebung der Schwerpunkte der Feldornithologie hin zu Zähl- und Erfassungsprogrammen und Naturschutztätigkeit geriet brutbiologisches Arbeiten in den Hintergrund…
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