Die Vogelwelt Bd. 129 1/2008

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Schwerpunkte:
  • Verbreitung und Brutbestand des Kiebitzes im Kreis Soest
  • Vorkommen des Zwergschwans in der Hunteniederung
  • Verbreitung und Bestandstrends der Brandseeschwalbe
  • Bestandsschätzung für die eurasische Population der Trauerseeschwalbe

Hegemann, A., P. Salm & B. Beckers:
Verbreitung und Brutbestand des Kiebitzes Vanellus vanellus von 1972 bis 2005 im Kreis Soest (Nordrhein-Westfalen)
Der Kiebitz gehört, wie viele weitere Vogelarten der Agrarlandschaft und des Grünlandes, zu den am stärksten im Bestand abnehmenden Vogelarten Deutschlands und Westeuropas. Obwohl dieser Bestandsrückgang unumstritten ist, sind Daten über langfristige Trends und Bestandsgrößen auf großer Fläche außerhalb von Schutzgebieten äußerst rar. Am Beispiel des Kreises Soest, Nordrhein-Westfalen, wird auf Grundlage von fünf Kartierungen auf der Basis von Minutenfeldern im Zeitraum 1972 bis 2005 die Brutverbreitung und Bestandsentwicklung des Kiebitzes über mehr als drei Jahrzehnte auf einer großen Fläche dargestellt. Die Kartierungen in den Jahren 1972/73 und 1989 beschränkten sich auf eine qualitative Erfassung (Minutenfelder besetzt/nicht besetzt), in den Jahren 1997, 2003 und 2005 wurden zusätzlich alle Revierpaare gezählt. Die größte gemeinsame Schnittmenge der kartierten Minutenfelder aus fünf Kartierdurchgängen bezog sich auf eine Fläche von rund 840 km2 (400 Minutenfelder). Hier ging die Anzahl der besetzten Minutenfelder von 1972 bis 2005 von 298 auf 135, also um 55 %, hoch signifikant zurück. Dies entspricht einer Verringerung der besiedelten Fläche von ca. 393 km². Die Anzahl der Revierpaare nahm von 1997 bis 2005 um 30 % ab (von 1.191 auf 833 Revierpaare). Besonders ausgeprägt waren die Rückgänge im überwiegend ackerbaulich genutzten Naturraum „Hellwegbörden: Oberbörde und Haarstrang“, der inzwischen fast vollständig vom Kiebitz geräumt ist. Die Daten belegen somit nicht nur den weiträumigen Arealverlust, sondern auch die Verkleinerung des Brutbestandes für den Kreis Soest.


Zwergschwäne. Foto: T.Krüger

Zwergschwäne. Foto: T.Krüger

Krüger, T.:
Das Vorkommen des Zwergschwans Cygnus bewickii in der Hunteniederung bei Oldenburg (NWNiedersachsen).
Die östlich der Stadt Oldenburg gelegene Hunteniederung ist ein traditionelles Rastgebiet und Ruheziel für Zwergschwäne. Der erste dokumentierte Nachweis der Art geht auf das Jahr 1861 zurück, seit den 1870er Jahren sind regelmäßige Vorkommen beschrieben. Ein 11 km² großer Teil des insgesamt 65 km² großen und von Grünlandnutzung geprägten (92 %) Untersuchungsgebietes „Hunteniederung“ wurde u. a. deswegen bereits 1983 zum Europäischen Vogelschutzgebiet erklärt (V11 „Hunteniederung“). Noch in den 1950er und 1960er Jahren hielten sich in der Mehrzahl der Winter Ansammlungen von bis zu 600 Zwergschwänen in der Hunteniederung auf, die Niederung zählte in jener Zeit zu den bedeutendsten „Rast“gebieten in Niedersachsen und damit in Deutschland. Hiernach gingen jedoch die Vorkommen und deren Maxima, die in dieser Arbeit als wichtigster Indikator für die Bedeutung des Gebietes als Gastvogellebensraum der biogeographischen Population angesehen werden, aufgrund von direkten und indirekten (wasserbauliche Maßnahmen) Lebensraumverlusten und flächenhafte Melioration drastisch zurück. Nach langer Zeit mit nur kleinen Beständen hielten sich im Winter 1998/99 erstmals wieder bis zu 250 Zwergschwäne im Gebiet auf und auch in den beiden folgenden Wintern wurden mit maximal 216 und 283 Ind. überdurchschnittlich viele Vögel registriert (Kriterium für internationale Bedeutung erfüllt). Hiernach gingen die Rastzahlen jedoch wieder deutlich zurück. Dagegen hat die Zahl der Vogeltage seit dem Winter 1990/91 hochsignifikant zugenommen, was darauf zurückzuführen ist, dass Zwergschwäne seit etwa Mitte der 1990er Jahre (wieder) im Gebiet überwintern…


Brandseeschwalben. Foto: H.W.Nehls

Brandseeschwalben. Foto: H.W.Nehls

Herrmann, C., H. W. Nehls, J. Gregersen, W. Knief, R. Larsson, J. Elts & M. Wieloch:
Verbreitung und Bestandstrends der Brandseeschwalbe Sterna sandvicensis an der Ostsee
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Brandseeschwalbe in der Ostsee noch kein regelmäßiger Brutvogel. Im Laufe der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erweiterte sie jedoch schrittweise ihr Verbreitungsgebiet nach Nordosten. Zunächst wurden Schonen (1911) und ab den 1930er Jahren die schwedische Ostküste besiedelt. Beginnend mit der Bildung einer Kolonie auf der Insel Heuwiese (Deutschland, Mecklenburg- Vorpommern) im Jahr 1957 erweiterte die Brandseeschwalbe ihr Areal auch auf die Südküsten der westlichen und zentralen Ostsee. In Estland ist sie seit 1962 regelmäßiger Brutvogel, in Polen (mit Unterbrechungen) seit 1977. Die Arealerweiterung und Populationszunahme in der Ostsee in den 1950er/1960er Jahren erfolgte zeitgleich mit einem starken Rückgang der Nordseepopulation. Dies weist darauf hin, dass die Besiedlung der Ostsee vermutlich eine Reaktion auf die Verschlechterung der Umweltbedingungen in der Nordsee war. Die Zahl der Brutpaare im Ostseeraum nahm zunächst kontinuierlich zu und erreichte zum Ende der 1970er Jahre etwa 2.500. Seitdem ist der Brutbestand ungeachtet einiger Schwankungen und Verlagerungen von Brutplätzen weitgehend stabil. Genauere Erfassungen ab Mitte der 1990er Jahre ergaben für die Ostsee einen zwischen 2.000 und 3.500 BP schwankenden Bestand. Die wichtigste Schutzmaßnahme für die Brandseeschwalbe besteht im Erhalt geeigneter Brutplätze. Dies sind insbesondere kleine Inseln mit kurzgrasiger Vegetation, die frei sind von menschlichen Störungen und Raubsäugern. Die Anwesenheit von Lachmöwen ist eine Ansiedlungsvoraussetzung für die Brandseeschwalbe.


Van der Winden, J.:
Revision der Bestandsschätzung für die eurasische Population der Trauerseeschwalbe Chlidonias niger niger
Aktuelle Schätzungen der Bestandsgröße der eurasischen Population der Trauerseeschwalbe wurden einer kritischen Prüfung unterzogen. Ausgehend von bekannten großräumigen Siedlungsdichten in europäischen Ländern wurde die durchschnittliche Dichte in Asien abgeleitet. Die gesamte eurasische Brutpopulation wird im Ergebnis auf 120.000–248.000 Brutpaare geschätzt. Das ergibt (Nichtbrüter und flügge Jungvögel eingeschlossen) einen Gesamtbestand von 300.000–620.000 Vögeln außerhalb der Brutzeit und einen 1-%-Schwellenwert gemäß Ramsar-Konvention von 4.600 Vögeln. Dies ist ein deutlich niedrigerer Wert als nach jüngst aktualisierten Schätzungen, aber meines Erachtens realistischer. Auch gibt es starke Anzeichen für eine aktuelle Bestandsabnahme, zumal die Gesamtzahlen in den bedeutendsten europäischen Rastgebieten niedriger und im wichtigsten Rastgebiet Ijsselmeer (Niederlande) zudem abnehmend sind.

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