Hans D. Knapp:
Buchenwälder – besonderes Naturerbe Europas
Buchenwälder würden von Natur aus weite Teile der gemäßigten Klimazone Europas als natürliche Vegetation bedecken. Das Verbreitungsgebiet der Buche reicht von Sizilien bis Süd-Skandinavien, vom Atlantik bis zum östlichen Karpatenvorland, von der Meeresküste bis zur Waldgrenze in den Gebirgen. Innerhalb dieses weiten Areals besiedelt die Buche ein extrem breites Standortsspektrum von armem Sand und saurem Gestein bis zu schwerem Lehm und reinem Kalk. Die Buche kann mit nahezu allen anderen europäischen Baumarten vergesellschaftet sein, bis über 600 Jahre alt werden und vielgestaltige Baumformen bilden. Buchenwälder sind Heimstatt eines großen Teils der biologischen Vielfalt Europas. Sie galten lange Zeit als monoton, artenarm und uninteressant. Sie wurden weithin durch Fichtenforste und andere Baumarten ersetzt oder als Altersklassenwald genutzt. Buchenurwald und seit Jahrzehnten nicht forstlich genutzter Naturwald ist nur in wenigen Resten erhalten. 2007 wurden 10 Buchenwälder in der Ukraine und Slowakei als Buchenurwälder der Karpaten als Weltnaturerbe der UNESCO anerkannt, 2011 durch 5 alte Buchenwälder Deutschlands, darunter Teile des Nationalparks Hainich, ergänzt. Nach zwei weiteren Erweiterungen 2017 und 2022 umfassen die „Ancient und Primeval Beech Forests of the Carpathians and other Regions of Europe“ heute 94 Teilgebiete mit insgesamt über 98.000 Hektar Fläche in 18 Ländern. Sie stellen ein spezifisches Naturerbe Europas von „außerordentlichem universellem Wert“ dar.
Martin Lauterbach:
Spechte-Management in den bayerischen Vogelschutzgebieten – Schutzmaßnahmen in Laubmischwäldern
In Bayern sind alle neun in Deutschland vorkommenden Spechtarten heimisch. Mit ihren Lebensraumansprüchen, von lichten, halboffenen Landschaften bis hin zu großflächig geschlossenen Waldgebieten, decken sie sämtliche Waldlebensräume Bayerns ab. Damit sind sie perfekte „Weiserarten“ für Waldstrukturen und deren Veränderungen. Die bayernweiten Bestandsentwicklungen zeigen bei allen Arten, außer bei Grauspecht und Wendehals, gleichbleibende oder positive Bestandstrends an.
Luis G. Sikora:
Der Schwarzspecht Dryocopus martius und seine Höhlenbäume im Biosphärengebiet Schwäbische Alb
In den Jahren 2006 bis 2009 wurden auf der Mittleren Schwäbischen Alb (Landkreis Reutlingen, Baden-Württemberg) auf rund 32.000 ha Waldfläche Höhlenbäume des Schwarzspechts kartiert. Ein großer Teil der untersuchten Waldgebiete lag ab 2008 innerhalb der Gebietskulisse des im selben Jahr neu gegründeten Biosphärengebiets Schwäbische Alb. Gefunden und dauerhaft markiert wurden in diesem Zeitraum 553 Schwarzspecht-Höhlenbäume. Im Jahr 2016 wurden 282 der damals erfassten Höhlenbäume erneut kontrolliert, um den Zustand des Höhlen-Einflugloches und Veränderung des den Höhlenbaum umgebenden Waldbestandes zu dokumentieren. Dabei zeigte sich, dass die Anzahl der Höhlenbäume mit für Großhöhlenbrüter nicht mehr zugänglichen Höhlen sich im Vergleich zur Höhlenbaumkartierung von 2006 bis 2009 fast verdoppelt hatte. Auch existierten die alten Buchen-Hallenbestände zum allergrößten Teil nicht mehr. Die Bestände waren bis auf wenige Altholzreste gefällt worden und die Restbestände stark aufgelichtet. Im Jahr 2018 kam ein Projekt zustande, in dessen Rahmen auf einer Kontrollfläche von 9.000 ha Wald untersucht wurde, ob der Verlust an zugewachsenen Bruthöhlen durch neu gebaute Schwarzspechthöhlen ausgeglichen wurde. Zumindest auf der Kontrollfläche war dies, wenn auch eingeschränkt, der Fall. Grund des schnellen Zuwachsens von Einfluglöchern von Schwarzspechthöhlen sind stark aufgelichtete Buchenbestände mit dichter und hoher Buchenverjüngung. Höhlenbäume, die in solchen Beständen stehen, nutzt der Schwarzspecht aus Gründen der Prädationsvermeidung nicht mehr. Alte geschlossene Buchenbestände über 140 Jahre sind auf der Mittleren Schwäbischen Alb weitgehend genutzt und kaum mehr vorhanden. Es ist davon auszugehen, dass sich das Angebot an geeigneten Schwarzspechthöhlen für die Großhöhlenbrüter Hohltaube Columba oenas, Dohle Coloeus monedula und Raufußkauz Aegolius funereus in Zukunft, zumindest in den Buchenwäldern der Schwäbischen Alb, deutlich verringern wird.
Malte Busch, Bettina Gerlach, Kees Koffijberg, Gaëtan Delaloye & Johannes Wahl:
Das „Specht-Modul“: Erfassung von Spechten im Rahmen des Monitoring seltener Brutvögel in Deutschland
Spechte sind wichtige Indikatorarten für Waldökosysteme, dennoch ist die Datenlage in Deutschland vielfach unbefriedigend und erfordert dringend verstärkte Anstrengungen, um künftig belastbare Bestandstrends für die mittelhäufigen und seltenen Spechtarten schätzen zu können. Vor diesem Hintergrund startete 2020 im Rahmen des Monitoring seltener Brutvögel (MsB) das methodisch auf diese Artengruppe zugeschnittene „Specht-Modul“. An festgelegten Erfassungspunkten entlang einer Zählroute werden Spechte jährlich an zwei Begehungen in festgelegten Zeitfenstern (21.02.–20.03. und 21.03.–20.04.) mit Hilfe eines maßvollen Einsatzes von Klangattrappen gelockt, ihre Anzahl erfasst und beobachtete Verhaltungsweisen dokumentiert. Inzwischen ist die Zahl der Zählrouten bundesweit auf nahezu 1.000 angestiegen, die von einer Vielzahl von ehrenamtlichen Kartierenden alljährlich auf das Vorkommen von Spechten überprüft wird. Um die Mitarbeit zu vereinfachen und den Datenrücklauf zu beschleunigen, steht den Mitarbeitenden die Kartierapp Natura-List zur mobilen Erfassung im Gelände zur Verfügung. Eine Bildung von Revieren erfolgt nicht. Die Trendschätzung erfolgt auf Basis der maximalen Individuenzahl aus den beiden Begehungen. Dadurch ist bei digitaler Datenerfassung keine Schreibtischarbeit im Nachgang mehr nötig. Eine Beteiligung ist auch analog möglich. Die Daten werden im Nachgang über eine spezielle Eingabemaske in ornitho.de übermittelt. Neue Zählrouten können nach Rücksprache selbst eingerichtet werden, sodass eine Beteiligung am Specht-Modul überall in Deutschland einfach möglich ist.
Katarzyna Zielewska-Büttner, Marco Heurich, Jörg Müller & Veronika Braunisch:
Stehendes Totholz für den Dreizehenspecht Picoides tridactylus – Fernerkundung ermöglicht neue Einblicke in die Habitatnutzung des Waldbewohners
Kurzfassung mit Links zur weiterführenden Literatur
Rolf Hennes:
Gibt es eine Konkurrenz bei der Nahrungssuche zwischen Buntspecht Dendrocopos major und Mittelspecht Dendrocoptes medius?
Bunt- und Mittelspecht sind syntop vorkommende Spechtarten. Vor dem Hintergrund der aktuellen vermutlich witterungs- und klimabedingten Bestandszunahme des Buntspechts wird anhand von Beobachtungen zur Nahrungssuche die Frage diskutiert, ob die beiden Arten Nahrungskonkurrenten sind. Bei allen untersuchten Parametern wie Baumart, -dicke, -segmente, Substrat wurden hohe Ähnlichkeiten gefunden. Diese wären noch höher, wenn der Buntspecht nicht gewisse Quellen nutzen würde, die beim Mittelspecht praktisch nicht festgestellt wurden wie Baumsamen, Bodeninsekten, Baumsaft. Die Untersuchungen legen nahe, dass die gestiegene Buntspechtpopulation auf das für den Mittelspecht wichtige Nahrungsangebot an Eichen einen erheblichen Nutzungsdruck ausübt. Die Ergebnisse sind in Übereinstimmung mit der Hypothese, dass die gestiegene Buntspechtpopulation einen Einfluss auf die Größe der Mittelspechtpopulation hat, und die möglichen Vorteile des gestiegenen Totholzangebots für die schwächere Art durch die Konkurrenz kompensiert werden könnten.
Barbara Froehlich-Schmitt:
Lautäußerungen von jungen Spechten
Für diesen Beitrag wurden Audio- und Videoaufnahmen der Autorin aus dem Saarland und Rheinland-Pfalz der Jahre 2010 bis 2023 ausgewertet. Jugendlaute von vier Spechtarten werden mit Sonagrammen präsentiert. Schwarz- und Grünspechte Dryocopus martius, Picus viridis äußern außer dem Bettelzetern in der Höhle kurz vor dem Ausfliegen unreife Gesänge und Rufe der Adulten. Paradoxerweise üben junge Schwarzspechte in der Höhle Gesang und Flugruf, aber vermutlich nicht den Sitzruf. Junge Grünspechte üben in der Höhle selten den Gesang, sie äußern ein spezielles „Jugend-Keckern“ kurz vor und nach dem Ausfliegen. Junge Buntspechte Dendrocopos major tragen außer dem Bettelzirpen in der Höhle schon das Kixen vor, das sich vom Kixen der Adulten leicht unterscheidet. Junge Mittelspechte Dendrocoptes medius beginnen mit den typischen Kecker-Rufen bereits als Nestlinge und setzen dies nach dem Ausfliegen fort. Dies Jugend-Keckern wurde noch nicht näher in der Literatur beschrieben. Es ist als Sonagramm und für geübte Ohren deutlich vom Keckern der adulten Mittelspechte zu unterscheiden. So ist der erste Ton deutlich höher, der Klang läutend, melodisch und die 5–10-silbigen Ketten werden monoton gereiht. Bei Bestandserhebungen lässt es sich zum Erbringen von Brutnachweisen heranziehen.
Weitere Inhalte
- Sonderteil: DDA-Aktuell
Einzelheftbestellung
Bestellen Sie dieses Einzelheft als Printausgabe jetzt direkt:
-
Die Vogelwelt Jahrgang 142 Heft 1
€ 19,50
Enthält 7% reduzierte MwSt.zzgl. Versand